Schulvermeider |
Das vom Präventionsrat im Harlingerland e.V. initiierte Projekt "Schulvermeider" wird seit Beginn des zweiten Schulhalbjahres Anfang Februar 2007 an allen weiterführenden Schulen im Landkreis Wittmund umgesetzt.
Die Initiative für dieses Projekt hat sich aus dem Kreise der Schulsozialarbeiter/innen am "Runden Tisch" des Präventionsrates entwickelt. In dieser Runde hatte man sich verständigt, dass das Thema Schulabsentismus aufgegriffen werden muss, da nach Einschätzung der Schulsozialarbeiter/innen offensichtlich Handlungsbedarf besteht. Bei Schulverweigerern (im Volksmund auch "Schulschwänzer" genannt) wurde an den weiterführenden Schulen im Landkreis Wittmund bislang unterschiedlich reagiert. Daher erschien es sinnvoll, ein einheitliches Konzept zu entwickeln. Grundlagen für dieses Konzept waren ausreichend vorhanden, da schon in vielen Bereichen, so auch z.B. im Landkreis Friesland und Aurich, ähnliche Projekte betrieben wurden und werden. Es wurde schnell deutlich, dass für eine einheitliche Verfahrensweise und eine ausreichende Transparenz für alle Beteiligten ein Maßnahmenkatalog erarbeitet werden musste. In Abstimmung mit den betroffenen Schulen wurde dieser "Maßnahmenkatalog Schulabwesenheit" mittlerweile entwickelt und von allen Beteiligten anerkannt. Diesem Katalog sind die einzelnen Interventionsstufen und Handlungsschritte zu entnehmen, beginnend mit der Anwesenheitskontrolle durch den Lehrer während des Unterrichts, bis hin zur Beteiligung des Jugendamtes, der Schulverwaltung, der Bußgeldstelle und des Amtsgerichts. Die Gründe für das unentschuldigte Fernbleiben vom Schulunterricht können dabei höchst unterschiedlich sein. Individuelle Schulerfahrungen, Schulform und persönliche soziale Dispositionen spielen eine große Rolle. Nach Erfahrungen aus anderen Projekten schwänzen Schülerinnen und Schüler von Berufsschulen, Haupt- und Sonderschulen um ein vielfaches mehr den Unterricht als Schüler anderer Schulformen. Auch haben Schüler mit eher schlechteren Sozialprognosen eine deutlich negativere Einstellung zu ihrer Schule und zum Schulbesuch. Immer mehr Kinder und Jugendliche wachsen heute in einem Klima von Desorientierung und ständigen Wandels auf. Gesellschaftliche Regelwerke, anerkannte Ordnungsfaktoren und allgemeingültige Übereinkünfte werden zunehmend brüchiger. Familien nehmen weniger ihren Erziehungsauftrag wahr. Der strukturierte Alltag wird "externen Stellen" überlassen. Gerade auch diesen Gründen kann und darf das System Schule nicht mehr nur bloßer Bildungsvermittler bleiben. Schule muss ein stabiles System aus Vertrauen, Verlässlichkeit, Hilfen und Wissensvermittlung bieten. Eine besondere Berücksichtung sollten hier Schülerinnen und Schüler finden, die hartnäckig und für einen längeren Zeitraum sich dem Unterricht ihrer Schule verweigern. Betroffene nennen hier vielfältigste Gründe, die es Ernst zu nehmen gilt. So z.B. persönliche Krisen, Spannungen im Elternhaus, Misserfolge in der Schule, Konflikte mit den Lehrkräften oder ein als langweilig empfundener Schulalltag. Eine der Folgen kontinuierlichen Schulschwänzens können neben steigenden Lern- und Leistungsdefiziten sowohl die Ausgrenzung der Betroffenen, z.B. auch durch Mitschüler/innen, die Entwicklung eines völlig eigenen Lebens- und Wertesystems neben der Schule sein. Daher kommt insbesondere der pädagogische Betreuung im Rahmen von Gesprächen und Begleitung eine besondere Bedeutung zu. Die Evaluation des in den Jahren 2002 bis 2004 durchgeführten niedersächsischen Modellprojekts gegen Schulschwänzen (ProgeSs) hatte unter anderem ergeben, dass sich bei der Bewältigung dieser Thematik insbesondere zwei Problembereiche herauskristallisiert hatten. Das festgestellte Grundproblem war die mangelnde Feststellung und Dokumentierung der Schulabwesenheit durch die Lehrkräfte, so dass die vorgesehenen Maßnahmen häufig gar nicht erst zum tragen kamen. Darüber hinaus gab es bei drastischen Fällen Probleme bei der Betreuung der verhängten Arbeitsauflagen. Hier soll der Präventionsrat im Harlingerland zukünftig eine koordinierende Aufgabe bei der pädagogischen Betreuung übernehmen und dadurch auch die gewünschte Wirkung der Arbeitsauflagen gewährleisten. |